z’Alp

Wie es dazu kam

Im Mai 2022 näherte sich das Ende meines 4-jährigen Engagements in Namibia. Per Zufall stiess ich im Internet auf die Sendung “SRF bi de Lüt”. Die Aussage des Bauern Albert Breitenmoser, die Seealp sei eine Alp für Anfänger, motivierte mich, mich als Senn für die Alpzeit 2023 zu bewerben. Nach meiner Rückkehr in die Schweiz und einem 2-stündigen Bewerbungsgespräch bei Albert in Eggerstanden waren wir uns einig. Bald war der Vertrag unterschrieben. Die Vorfreude war gross, aber auch der Respekt vor dieser Aufgabe.

Im Arbeitsvertrag waren unter Pflichten des Arbeitnehmers folgende Tätigkeiten aufgeführt:

Milchgewinnung und Tierpflege: Pflege und Betreuung der Tiere sowie die sorgfältige Milchgewinnung Weidenutzung/-pflege: Unkraut bekämpfen, Büsche roden, Steine lesen…Stallgebäude: Die Gebäude sind sauber zu halten Alphütte: Die Alphütte ist stets sauber zu halten und die Unterkunft für die Gäste soll jederzeit sauber und gepflegt sein. Heizmaterial: Brennholz richten Umzäunungen: erstellen, kontrollieren und instand halten Projekt Kühe-mieten: Zuvorkommende und gepflegte Betreuung der Gäste (Instruktion melken, Gäste bewirten, Frühstück, Zimmer herrichten …)

Alles war mehr oder weniger Neuland für mich. Vor allem der Umgang mit den Tieren. Und hätte ich im Voraus gewusst, was alles auf mich zukommt, hätte ich vermutlich die eine oder andere schlaflose Nacht gehabt. Ab 24. Mai war ich auf der Alp. Vorläufig noch ohne Tiere. Am 27.5. machte ich mich um halb 5 zu Fuss auf nach Wasserauen. Um halb 6 trafen die Lastwagen mit den Kühen ein. Meine Aufgabe war, mit den schnelleren Kühen die Spitze zu bilden. Leider machten die Kühe nach gut 200 Metern kehrt und rannten talwärts. Albert hatte mir vergessen zu sagen, dass ich die Kühe hätte rufen sollen… Zu zweit schafften wir es doch noch, die Kühe zum Aufstieg zu bewegen und nach 45 Minuten traf ich mit den ersten Kühen auf der blumenübersäten Alp ein. Den Schluss bildeten Albert und die 2 Rinder Dolores und Kassandra, die das erste Mal auf der Alp dabei waren.

Milchgewinnung

Die ersten 2 Tage war Albert morgens und abends beim Melken dabei und gab mir die nötigen Instruktionen. Eine Flut von Informationen prasselte auf mich ein. Unzählige Handgriffe, vom Zusammensetzen der Melkmaschinen, dem Einstallen der Kühe, der Herrichtung des Futters für die Futterkrippe oder das Putzen der Euter, das Vormelken und die Kühlung der Milch. Da kamen mir die “Melktrainings” im Vormonat bei Albert im Tal sicher zugute auch wenn wir im Tal mit einer Melkrohranlage arbeiteten. Hier auf der Alp standen mir 2 mobile Melkeimergefässe zur Verfügung, die viele zusätzliche Handgriffe benötigen und deutlich mehr Muskelkraft beansprucht.

Am 2. Tag stellten sich während des Melkens die Wehen bei Hanni ein. Am Tag zuvor war sie wie alle anderen Kühe auf die Alp hoch gelaufen und heute gebar sie das erste Kalb der Saison (bis zum Ende der Alpzeit waren es 6 Kälber). Auch wenn die Geburt problemlos verlief, gab es doch wieder viel Neues zu tun und zu lernen. Unter anderem, Desinfizieren des Nabels, 1.5 Liter Kolostrum-Milch von Hand melken und mit Flasche an das Kalb tränken, der Kuh 30 Liter lauwarmes Wasser geben (Gebären macht durstig), Kalzium zur Verhinderung des Milchfiebers verabreichen. Die Kuh wird anschliessend im Stall behalten, damit der Abgang der Nachgeburt überwacht werden kann. Dies sollte innerhalb von 6 bis 12 Stunden nach der Geburt der Fall sein. Falls nicht, muss der Tierarzt aufgeboten werden. Den Namen für dieses Kalb durfte ich auswählen. Meine Wahl viel auf Levinia. So hiess meine letzte Chefin in Namibia, die Finanzdirektorin des Bildungsministeriums, welche die “Ehre” durchaus zu schätzen wusste. So wollte sie über die Fortschritte von Klein-Levinia auf dem Laufenden gehalten werden.

Nach 3 Tagen “Lern-Tour” bemerkte Albert, dass er nicht wisse, was er hier noch nütze und er wolle mich nun alleine “machen” lassen. Ich denke, die auf ihn wartende Arbeit (Heuen) im Tal hat bei dieser Aussage auch eine Rolle gespielt.. Am nächsten Morgen stand ich schon um 4:15 auf. Bis alle Kühe im richtigen Stall (ich hatte 2 Ställe à je 10 Plätze) und auch am richtigen Platz standen, vergingen glatte 45 Minuten. Vor allem die jungen Tiere, die zum ersten Mal auf der Alp waren, brauchten noch eine Extra-Einladung. Zudem konnte ich anfangs die Kühe nur anhand der Ohrennummer auseinander halten, was diese Aufgabe vor allem in der morgendlichen Dunkelheit nicht vereinfachte. Stand eine Kuh mal an einem falschen Platz, war es schwierig bis unmöglich, sie um zu-platzieren. Auch tickte die Uhr; die Milch musste jeweils morgens zwischen 06:45 und 07:00 und abends zwischen 18:45 und 19:15 in der Hütte (Käserei) abgeliefert werden. In den ersten Wochen hatte ich 15 der insgesamt 19 Tiere zu melken. Je länger die Alpzeit dauerte, umso weniger Tiere mussten gemolken werden. Trächtige Tiere werden ab dem 7. Monat “galt” gestellt, also nicht mehr gemolken, da sie gegen Ende der Tragezeit nur noch wenig Milch geben.

Kuhmieter

Ein weiterer Teil meiner Aufgaben war die Betreuung der sogenannten Kuhmieter. Vor bald 20 Jahren hat Albert die innovative Idee, seine Kühe für einen Monat oder für die ganze Alpzeit zu “vermieten”. In diesem Angebot sind folgende Leistungen inbegriffen: z’Vieri-Plättli, Besuch der gemieteten Kuh auf der Weide, die Kuh im Stall nach kurzer Instruktion von Hand zu melken, 2 Seealp-Käse-Mutschli & Gutschein für 30 Minuten rudern auf dem See. Für die Saisonmieter zudem eine Übernachtung im Massenlager der Alphütte, Frühstück inklusive. Einen typischen Kuhmieter gab es dabei nicht. Wir hatten sowohl junge Familien mit Kindern als auch ältere Ehepaare oder zusammengewürfelte Gruppen zu Besuch. Die Motivation der Mieter waren ebenfalls unterschiedlich. Entweder waren es Alpstein- oder Kuhliebhaber, aber auch Freunde des einfachen Sennenlebens, oder Menschen, die einmal in einer Alphütte übernachten wollten. Die Kuhmieter bedeuteten Abwechslung im Alltag aber auch einigen “Zusatzaufwand” wie Bettwäsche waschen, z’Vieri-Plättli und Frühstück zubereiten. Und der Mittagsschlaf viel oftmals zugunsten des Nachmittagsprogrammes für die Mieter aus.

übrige Arbeiten

Weiter Arbeiten waren das Erstellen und kontrollieren der Zäune, die periodische Reinigung der Brunnen (auch wir Menschen trinken lieber aus einem sauberen Glas), das “Lesen” der Steine auf den Weiden oder die Entfernung der für die Kühe ungeniessbaren Pflanzen. Die sind vorwiegend die Blacken (Ampfernart), die sich schnell vermehren und andere Pflanzen verdrängen. Nicht zu vergessen, das Zusammenlesen der Kuhfladen. Dies war eine Daueraufgabe und je länger die Alpzeit dauerte, desto höher wuchsen die Kuhfladenhaufen. Am Ende der Alpzeit wurden die Haufen dann wieder auf der ganzen Weidefläche als Dünger verteilt. Etwa alle 2 bis 3 Wochen fuhr ich mit meinem Smart-Milchmobil zum Einkaufen nach Appenzell.

Wetter

Das Wetter ist während einer Alpzeit ein wichtiger Faktor. Da es meine erste Alpzeit war, hatte ich keine Vergleichsmöglichkeit. Trotzdem kann ich sagen, dass uns Petrus diesen Sommer gnädig gesinnt war. Zwar wurde es Ende Juli und auch Ende August empfindlich kalt (Schnee bis auf ca. 1700müM) und es regnete jeweils 4, 5 Tage fast ohne Unterbruch, Ende Juli begleitet von stürmischen Winden. Ich erinnere mich an einen Abend, an dem 6 Kühe nicht in den Stall kamen. Nach einigem Suchen fand ich sie weit entfernt vom Stall in der Nähe des Wasserfalls. Da dieser viel Wasser führte, und es entsprechend rauschte, hatten sie meine Rufe und Pfiffe nicht hören können. So musste ich bis auf etwa 20 Meter zu ihnen hinaufsteigen, bis mich die Erste (Fay) bemerkte. Da war ich natürlich schon nass bis auf die Haut. Mehrheitlich wurden wir aber von sonnig warmen Wetter verwöhnt. Dies war auch ein Grund, weshalb die Kühe meist auch die Nächte auf der Weide verbringen durften.

Freizeit

Viel Freizeit gibt es im Älpler-Alltag nicht. Die Tagesarbeiten fallen von Montag bis Sonntag an. Die fehlenden Frei-Tage über das Wochenende waren anfangs gewöhnungsbedürftig. So klingelte der Wecker auch samstags und sonntags spätestens um halb 5. Noch nie habe ich so viele und schöne Morgendämmerungen und Sonnenaufgänge erlebt. Etwas freie Zeit gab es jeweils am Nachmittag, wenn gerade keine Kuhmieter oder andere Besucher auf der Alp waren. Solche Gelegenheiten nütze ich für einen verlängerten Mittagsschlaf, für eine Wanderung z.B. auf die Meglisalp, zu einem Bad im Seealpsee oder für einen Besuch bei unseren Älpler-Nachbarn. Der Zusammenhalt unter den Älplern war gross und man half sich gegenseitig, wo man konnte.

Arbeitsbelastung

Als ich mich für die Stelle als Alpangestellter beworben habe, war mir bewusst, dass es körperlich anstrengend werden würde. Meine Erwartungen wurden noch übertroffen. Vor allem die ersten zwei Wochen waren sehr streng. S, E, P, Schaffe, Esse, Pfuse. Mehr lag nicht drin. Glücklicherweise unterstützte mich ab Mitte Juni bis Ende Juli Nicole. Sie war eine ehemalige Arbeitskollegin in Namibia, die gerade etwas Zeit hatte, bevor sie ihren neuen Job in Zürich antrat. Schon nach wenigen Tagen war Nicole eine grosse Unterstützung bei allen anfallenden Arbeiten. In einigen Situationen war es zudem ein grosser Vorteil, wenn 4 statt nur 2 Hände verfügbar waren. Auch die Möglichkeit, sich untereinander auszutauschen oder eine zweite Meinung abzuholen, war sehr wertvoll. Unvergessen sind auch die gemeinsamen Erlebnisse wie zum Beispiel die Geburten der Kälber, Wanderung auf’s Öhrli oder die gemütlichen Frühstückspausen mit Sicht auf die Kühe und den See.

Gegen Ende der Alpzeit nahm die körperliche Belastung etwas ab.

Gründe: Körper hat sich an die Arbeit gewohnt, einkehrende Routine, mehr Galt-Kühe, die nicht mehr gemolken werden, weniger übrige Arbeiten (zäunen, Weidepflege)

Voraussetzungen für einen Job als Alpangestellter

Falls auch du Interesse an einem Job als Alpangestellter oder Sennin hast, hier einige Anforderungen, wie sie der “Schweizer Bauer” beschrieben hat:

Quelle: https://www.schweizerbauer.ch/politik-wirtschaft/agrarwirtschaft/alpsaison-personal-gesucht

  • Keine Angst vor langen Arbeitstagen
  • Körperlich fit und Freude an körperlicher Tätigkeit
  • Wenn möglich Erfahrung in der Landwirtschaft (z.B. melken, zäunen, weiden), evt. bereits Alperfahrung.
  • Kann gut im Team zusammenarbeiten, offen gegenüber anderen Gewohnheiten und Ansichten, unterstützend
  • Sauberkeit im Umgang mit Lebensmittel, hygienisch
  • Verantwortungsvoll (Verantwortung oder Mitverantwortung für Tiere)
  • Freude am einfachen Leben im Einklang mit der Natur

Bei Fragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Living & working in Namibia

You can’t add years to your life

but you can add life to your years

Namibian saying

From 2019 to 2022 I lived and worked in Namibia. I look back with gratitude on four wonderful years. In this video you can find out with what and with whom I was busy during this time. Enjoy!

Du kannst deinem Leben keine Jahre hinzufügen

aber du kannst deinen Jahren Leben hinzufügen

Namibisches Sprichwort

Von 2019 bis 2022 habe ich in Namibia gelebt und gearbeitet. Ich blicke mit Dankbarkeit auf vier wunderbare Jahre zurück. In diesem Video erfährst du, womit und mit wem ich mich in dieser Zeit beschäftigt habe. Viel Vergnügen!

WINDHOEKER GESCHICHTEN

Der Bettler

In der Nähe meines Büros im Government Park gibt es einen ENGEN-Tankstellen-Shop. Dort hole ich ab und zu einen frisch gerösteten Coffee to go. Vor dem Shop hat es ein paar Tische und Bänke. Am ersten Tisch sitzt of ein Bettler, der mich jedesmal um eine kleine Spende anschnorrt. Gestern bat er mich nicht um Geld sondern begrüßte mich mit den Worten “buy me a fat cake!” “Kauf mit einen Fat cake!” In den ersten Wochen und Monaten in Namibia hatten mich solche offensiven ‘Ansprachen’ noch etwas irritiert. Mittlerweile weiss ich, dass dies nicht als unfreundlich zu deuten ist. Man kennt hier in der Umgangssprache einfach das Wort ‘Bitte’ nicht. Im Laden waren die fat cakes gerade ausgegangen. Daher gab ich dem Bettler 5 statt der üblichen 1,2 Dollars. Seine Antwort: “A fat cake costs 7 Dollar!” “Ein Fat cake kostet 7 Dollar!”

Im Lauf des weiteren Gespraechs mit Stanley, so heisst der Bettler, erzaehlt er mir, dass kuerzlich seine Schwester gestorben sei. Er versucht nun Geld fuer das Begraebnis aufzutreiben. Zur Zeit liegt die Schwester noch im Spital. Per Gesetz kann sie dort aber nur zwei Wochen bleiben. Als ich Stanley fragte, was passiere, wenn er bis dann das Geld für die Beerdigung nicht zusammen bringe, antwortete er: “Then, they will make a plan”. “Dann machen sie einen Plan”. Was auch immer das genau bedeuten mag.

Stanley, mit Fat cake

Stossverkehr

Windhoek ist eine Stadt von ca 350 000 Einwohnern. Das Stadtzentrum mit Einkaufszentren, Behördenkomplexen, Bank- und Versicherungsgebäuden beschränkt sich auf wenige Strassen und wird umgeben von Wohnquartieren wie Eros, Klein Windhoek, Hochlandpark und Windhoek West, wo die oberen Zehntausend der Stadt leben. Die weniger bemittelten Bewohner leben in Quartieren wie Khomastal oder in Katutura. In Katutura alleine leben über die Hälfte sämtlicher Einwohner Windhoeks. Oft noch in einfachen Blechhütten ohne sanitäre Anlagen, teils ohne Wasser und Strom. Entlang den Strassen sieht man Toi-Toi-WC’s. Jeden Tag pendeln viele Menschen von Katutura an ihren Arbeitsplatz im Zentrum oder in die Wohnquartiere um das Zentrum herum, wo sie als Gärtner, Köchin, Hausangestellte usw. ein bescheidenes Einkommen generieren. Zur Arbeit gelangen sie mit einem Sammeltaxi. Diese werden in der Umgangsprache hier auch Kudu, wie die Antilopenart, genannt. Dies, weil man nie weiss, ob sie gleich nach rechts oder links ausbüxen. Der grosse Pendlerstrom führt jeden Tag zwischen 7 und halb 9 sowie zwischen 16:30 und 18 Uhr zu einem ausgewachsenen Stossverkehr. Mein Arbeitsweg beträgt nur etwa 3 Kilometer. Manchmal wünsche ich mir ein Fahrrad für den Arbeitsweg.

Autos mit Nummern an den Heckscheiben sind Sammeltaxis oder eben Kudus

Windhoeker Winter

Eigentlich ist das Klima in Windhoek sehr angenehm. Etwa 300 Sonnentage, tagsüber um die 30 Grad, nachts kühlt es auf angenehme 10 Grad ab und eine Klimaanlage ist nicht wirklich nötig. Ein paar Tage im Jahr kann es dann aber auch unerträglich heiss oder unangenehm kalt weden. Die kalte Jahreszeit hat hier eben begonnen. Tagsüber ist es zwar immer noch um die 20 Grad. Bei einem starken Ostwind fühlt es sich aber doch deutlich kühler an. Nachts wird ab und zu auch die 0 Grad Grenze geknackt. Die Häuser und Büros sind nicht geheizt und so sitzen meine ArbeitskollegInnen oft vermummt vor ihren Computern. Auf meinen kleinen Streifzügen durch die Stadt habe ich in der Nähe meiner Wohnung einen Platz mit Blick in die Berge im Westen entdeckt. Dort wärme ich mich nach Feierabend an den letzten Sonnenstrahlen nochmals etwas auf, bevor es zurück in die kalte Wohnung geht.

Elisabeth von Human Ressource in Wintermontur

NEUE AUFGABEN IN WINDHOEK

Nach zwei Monaten in der Schweiz bin ich seit Ende April wieder in zurück in Namibia. Nun nicht mehr in Rundu sondern in der Hauptstadt Windhoek. Die neuen Kolleginnen und Kollegen im Head Office haben mich im Team Finance freundlich aufgenommen. Bereits im Februar haben Ms Karises (die Finanzdirektorin) und ich meinen Einsatz im Head Office für dieses Jahr detailliert geplant. In der Schweiz arbeitete ich in Teilzeit im Home Office. Vor 3 Jahren wäre diese Möglichkeit undenkbar gewesen. Aber mit Corona ist diese Arbeitsform auch hier salonfähig geworden. Eigentlich habe ich ja bereits in den letzten Jahren das Head Office immer wieder ‘remote’ von Rundu aus unterstützt. Im Home Office in der Schweiz beschäftigte ich mich weiter mit dem Ausbau des Lohnwesen-Monitoring. Dabei konnten 2 weitere Schlupflöcher geschlossen werden. Die Untersuchungen, ob es sich um Betrugsfälle oder nur um Erfassungsfehler handelt, sind zur Zeit noch am Laufen. Eine größere Aufgabe war auch die Zentralisierung der jährlichen Zahlungen der Zuschüsse für die Lernenden an den Schulen. Diese wurden bisher von jeder Region selbständig ausgeführt. Da es immer wieder Regionen gab, die diese budgetierten Beträge eigenmächtig gekürzt und das Geld anderweitig verwendet haben, wurde eine Zentralisierung beschlossen. Die Zentralisierung bringt auch den Vorteil, dass das Reporting über die Verwendung der Gelder vereinfacht wird.

Während meiner Zeit in Namibia geht das darum, Wissen weiterzugehen. Dazu haben wir bisher wöchentliche interne Trainings in unterschiedlicher Besetzung durchgeführt bzw. es sind welche geplant. Themen sind oft Daten-Beschaffung und die Weiterverarbeitung der Daten. Aber auch die Planung von nationalen Workshops. Sowohl aus organisatorischer wie auch aus inhaltlicher Sicht. Im Mai haben zwei nationale Workshops oder Trainings stattgefunden. Ein Thema war die jährlich stattfindende Payroll-Verification-Übung. Dieses Jahr legten wir den Schwerpunkt auf den Weiterausbau der Excel-Kenntnisse. Nebst dem Erklären von Excel-Funktionen wie zum Beispiel SVERWEIS oder Dropdown Menüs ging es auch um die Befähigung, die erfassten Daten selber kontrollieren und konsolidieren zu können und weitere Tipps und Tricks. Einen Teil des Trainings durfte ich dann am Nachmittag wegen des grossen Interessens einiger Teilnehmer sogar nochmals wiederholen ;-). Etwas schwieriger war es, TeamkollegInnen im Head Office zu motivieren, ihren Part an den Workshops zu übernehmen. Da kamen Ausflüchte wie, “weshalb macht das nicht Der oder Die, die wissen doch besser Bescheid” oder so ähnlich. Mit etwas sanftem Druck unserer Chefin waren sie dann doch bereit für die ‘Zusatzarbeit’. Und sie machten einen guten Job und hat schlussendlich auch noch Spass dabei.

Das zweite nationale Training war dem Thema ‘Finanzielle Führung einer Schule’ gewidmet. Auslöser für diesen Workshop war die Zielsetzung, dass über die Verwendung der Zuschüsse an die Schulen jährlich ein nationales Reporting erstellt werden soll und auch, um das Missbrauchsrisiko der Gelder zu minimieren. Ms Karises hat diese Zielvorgabe von ihrer Chefin erhalten. Da es bisher an den Schulen kein einheitliches Buchhaltungs-Tool gab (oft werden noch handschriftliche Unterlagen geführt), bat Ms Karises mich, einen Workshop zu organisieren, an welchem wir die 14 Regionen in der Verwendung des Tools schulten. Dieses Tool hatten wir im letzten Jahr in der Kavango East Region eingeführt. Mein Kollege Anton präsentierte den theortischen Teil und stellte die existierenden rechtlichen Vorgaben und Unterlagen vor. Mein Part war es, das Excel-Tool vorzustellen. Auch bei diesem Workshop war das Interesse gross und es nahmen sogar viele HR-Mitarbeiter der Regionen teil, für welche die Teilnahme fakultativ war. Aus meiner Erfahrung in Kavango East weiss ich, dass der Weg für eine erfolgreiche Implementierung lang ist. Aber die ersten Schritte sind getan. Die Regionen werden ab August die grössten Schulen in der Anwendung des Tools unterrichten. Ab 2023 soll dann der produktive Start erfolgen.

Wiedersehen mit meinen ehemaligen KollegInnen aus Kavango East & West

Dank der Vermittlung meines Arbeitskollegen Kondjeni Tilale aus der HR Abteilung konnte ich ein Set Jerseys meines alten Fussball Vereins FC Post St. Gallen an Immanuel Sparks Gottlieb übergeben. Er ist der Team-Manager eines Fußballteams von randständigen Jugendlichen im Alter von 11 bis 18 Jahren, denen meist das Geld für eine Fußballausrüstung fehlt. So müssen sich viele Jugendliche für ein Meisterschaftsspiel Fußballschuhe oder Schienbeinschoner von Kollegen ausleihen. Die Spende wurde sehr dankbar angenommen.

bei der Uebergabe der Jerseys

Im Mai werden hier nebst dem 1. Mai und Auffahrt auch noch afrikanische Feiertage wie der Cassinga-Day und der Afrika-Day gefeiert. Dies erlaubte es mir, zwischendurch auch die Umgebung von Windhoek etwas besser kennenzulernen. Und dann hatte ich auch noch Besuch aus der Schweiz. Freunde, die ihre Namibia-Botswana-Reise wegen Corona zweimal verschoben hatten, konnten ihre lang geplante Reise doch noch durchführen.

Bye Bye Rundu

Dieser Wegweiser war auf einer Karte aufgeklebt, die ich im Dezember 2018 von drei Freunden zum Abschied erhalten habe. Diese Karte soll ich an einem Ort aufstellen, wo ich sie immer mal wieder sehe, damit ich das Heimkehren nicht vergesse.

Gut 3 Jahre ist es her, seit wir unseren Einsatz in Rundu begonnen haben. Die Zeit ist fast wie im Flug vergangen. Nun ist die Zeit für die Rückkehr nach Herisau gekommen, auch wenn ich Namibia noch nicht für immer Adieu sage. Die letzten 2 Wochen habe ich meinen Nachfolger Daniel aus der Schweiz gezeigt, mit was ich mich hier beschäftigt habe, ihm die neuen Arbeitskollegen vorgestellt und auch Rundu, und Umgebung etwas näher gebracht. Er hat auch unser Haus samt Ausstattung und unser Auto übernommen. Was für beide Seiten von Vorteil war. Daniel kann in ein komplett eingerichtetes Haus ziehen, muss sich nicht um Internetanschluss, Postfacheröffnung usw. kümmern. Für uns war es natürlich auch viel einfacher, da wir alle unsere Gegenstände en bloque verkaufen konnten. Trotzdem gab es einige Aha-Erlebnisse. Zum Beispiel beim Umschreiben des Autos auf den neuen Halter. Die Bestätigung auf der Polizei, dass das Auto nicht gestohlen ist, erhielten wir zwar fast in Rekordzeit. Das Eröffnen im Traffic Register und den Termin für die Verkehrstauglichkeitsprüfung dauerte dann fast den ganzen Vormittag. Da wir aber auch noch das Bankkonto am selben Tag eröffnen konnten, war es schlussendlich doch ein sehr erfolgreicher Tag.

Bei verschiedenen Gelegenheiten konnten wir auch Abschied nehmen. An einem Sonntag haben wir Muronga und seine Familie zum Mittagessen eingeladen. Auch die Grossmutter von Anna und Paulus und Markus, unsere 2 weitere Stamm-Security Guards waren mit dabei.

Ein Wochenende verbrachten wir mit Freunden in der Riverdance-Lodge. Einer unserer Lieblingsplätze in der Kavango Region und an einem Samstag feierten wir zu Hause mit einem Braai (Grill) und Potjie (afrikanisches Eintopfgericht).

Am letzten Arbeitstag waren Pandu, Daniel und ich zum Schulleitermeeting im Schulkreis Rundu eingeladen. Als Pandu erwähnte, dass dies mein letzter Arbeitstag in Rundu ist, wurde spontan ein Couvert herumgereicht, um statt eines Abschiedsgeschenks Geld für mich zu sammeln und zwei Lieder für mich gesungen. Am Abend fand dann die offizielle Farewell Party in der Sarasungu River Lodge statt. Susana, unsere Senior Account führte durch den Abend. Wie üblich wurde das Programm mit einem Gebet eröffnet. Danach folgten Ansprachen vom Direktor, Vizedirektor, Pandu, unserem Finanzchef, und Siegbert Mbote, einem Arbeitskollegen von Rahel. Zwischen den Ansprachen verbreitete der Ad hoc Chor mit schönen Liedern und Tanzeinlagen gute Stimmung im Saal. Nach ein paar Worten von Rahel und mir folgte die Übergabe der Abschiedsgeschenke. Abgeschlossen wurde das offizielle Programm mit den Dankesworten von Mr. Mateya, dem Vorsteher der Advisory Abteilung und dem Schlussgebet. Das inoffizielle Programm ging dann in der Sarasungu Bar weiter…

der ad hoc Education Chor

Den letzen Abend verbrachten wir mit Freunden in der Kavango River Lodge und genossen nochmals den fantastischen Sonnenuntergang.

Gestern wurden wir von Leo, meinem Arbeitskollegen nach Windhoek chauffiert. What a service! Besonders gefreut hat mich, dass auch Pandu am frühen morgen zu uns nach Hause kam, um sich persönlich zu verabschieden. Mpandu Pandu!

Viele emotionale Momente, die einem das Abschiednehmen schwer machen, aber auch viele schöne Erinnerungen, die wir mitnehmen dürfen.

Bye Bye Rundu and hopefully see you soon!

Nochmals auf grosser Reise, Teil 2

Der spontane Entscheid, einen Flug über das Okavango Delta zu machen, war ein weiser Entscheid. Die folgenden 2 Tage in Maun regnete es fast ununterbrochen. So viel uns der Abschied von Botswana doch nicht allzu schwer. Mit einem neuen PCR-Test in der Tasche ging es zuerst für eine Nacht nach Ghanzi und dann weiter über die Grenze nach Gobabis, der Hauptstadt der Omaheke Region. Der Grenzübertritt war auch hier problemlos. Erneut waren wir praktisch die einzigen Reisenden. Meinen PCR-Test wollte schon gar niemand sehen..

Eigentlich war ich der Meinung, dass die Highlights der bisherigen Reise kaum zu toppen sind. Doch ich sollte mich täuschen. Der nächste Stopp war die Kalahari Anib Lodge in der Nähe von Mariental. Statt nur 2 Nächte verlängerten wir hier unseren Aufenthalt auf 4 Nächte. Erstens war unser Camp top ausgerüstet, mit Strom, eigener Dusche und WC und schönem Schattenplatz. Zweitens gibt es auf dem riesigen Gelände der Logde schön angelegte einsame Wanderwege auf denen es diverse Tiere, wie Giraffen, Zebras, Eland, Oryx und Springböcke zu beobachten gab. Drittens konnten wir auch von der schönen Infrastruktur der nahen Lodge profitieren. Zum Beispiel von 2 grossen Pools, einer schönen Bar und gutem Esssen auf der Restaurant Terasse :-). Übrigens, die Kalahari (Halbwüste) erstreckt sich vom Orange River Gebiet (Südafrika) bis in den Kongo über eine Fläche von 900 000 km2 und der Sand ist meist rötlich gefärbt aufgrund des hohen Eisenoxid-Anteils.

Auf unserem Weg nach Sesriem und Sossusvlei übernachteten wir eine Nacht im Le Mirage. Einem orientalisch angehauchten Schloss mitten in der Namib Wüste. Nach vielen Nächten im Zelt wieder mal eine Nacht in einem richtigen (riesigen) Bett und das 5 Gang Menu war auch grosse Klasse. Dies alles zu einem unschlagbaren Einheimischen-Schnäppchenpreis. Da konnten wir einfach nicht nein sagen.

Bei der Einfahrt in den Sossusvlei Nationalpark morgens um 6 Uhr 40 (wir hatten verschlafen, der Park öffnet um 06 Uhr 15) waren wir alleine am Gate. Als wir den Parkplatz in Sossusvlei erreichten waren gerade mal eine Handvoll Autos zu sehen. Diesmal begingen wir den Anfängerfehler nicht mehr und umgingen die erste Düne Richtung Big Daddy auf der östlichen Seite und begangen den Aufstieg zu einer der höchsten Dünen der Welt erst etwa 1.5 km später. Dies verkürzt die Besteigung um mindestens eine Stunde und ist auch viel weniger anstrengend. Der Ausblick über die endlosen Sanddünen der Namib Wüste und über das Death Vlei entschädigte für alle Mühen. Frühmorgens kann die Düne sogar noch barfuss bestiegen werden. Im Verlauf des Tages heizt sich der Sand wegen des hohen Eisenoxidanteils dann bis zu 70 Grad auf.

Next Stop Walvis Bay! Auf dem Weg nach Walvis Bay an die Westküste Namibia durchquert man einen Teil des Namib Naukluft Nationalparks. Dieser Park hat etwa die Grösse Belgiens. Eine sehr einsame, landschaftlich aber reizvolle Landschaft. Die einzige Ortschaft auf den gut 300 Km ist Solitaire. Wobei Ortschaft ist etwas übertrieben ist. Solitaire besteht genau genommen aus einem Restaurant, einem Laden, einem Camping Platz und einer Tankstelle. Je näher man Walvis Bay kommt umso eintöniger wird die Landschaft. Walvis Bay ist eigentlich ein Touristenort an dem verschiedenste Touristen-Aktivitäten angeboten werden. Aber auch hier waren nur wenige Touristen anzutreffen. Wir haben uns für eine Tour an den Sandwich Harbour entschieden. Mit Cody unserem Fahrer machten wir uns um halb 9 auf dieses 4×4 Abenteuer auf. Wir fahren zuerst ca 65 km südlich, alles dem Strand entlang wieder in den Namib Naukluft NP hinein. Bei Sandwich Harbour mündete früher ein Fluss ins Meer. Heute ist das Delta versandet aber es wachsen immer noch Pflanzen. Von hier aus erklommen wir mit unserem Toyota Fortuner die bis zu 100 Meter hohen Dünen in der Umgebung. Unglaublich, wie steile Dünen man mit der richtigen Technik und genügender Erfahrung mit einem Auto rauf und runter fahren kann. Nicht gerade ökologisch, aber hat sehr viel Spass gemacht. Und die Spuren sind schon am nächsten Tag wegen des Windes nicht mehr zu sehen. Bevor es zurück nach Walvis ging, verköstigten wir uns noch mit einem feinen Imbiss auf einer kleinen Dünen mit Sicht auf das Kuiseb Delta. Und wie bestellt konnten wir von dort aus einige Orixe, Straussen und Springböcke beobachten. Die Wüste lebt!

Nochmals auf grosser Reise

Seit 3 Wochen sind wir nochmals auf einer grossen Reise durch das südliche Afrika. Von Rundu aus fuhren wir erstmal in östlicher Richtung um noch ein paar unbekannte Ecken in der Zambezi Region zu entdecken. Zum Beispiel den Nkasa Rupara Nationalpark im Linyanti Gebiet. Dieser Park zählt zu den schönsten Parks in Namibia. Am Tag, als wir den Park besuchten, waren wir die einzigen Gäste! Auch im Nambwa Camp im Kwando Nationalpark waren nur wenige Gäste.

Bevor wir die Grenze nach Botswana überqueren konnten, hiess es erstmal einen Covid-Test in Katima zu machen. In Kasane, an der Grenze zu Zimbabwe trafen wir Sam, bei dem wir einen Tagestrip zu den Victoria Falls gebucht hatten. So konnten wir den Test gleich für 2 Grenzübertrittte benützen. Da in Zimbabwe die Tests nur 48 Stunden gültig sind, mussten wir leider die Übernachtung im schönen Städtchen Victoria Falls sausen lassen. Auf der Zimbabwe Seite übernahm uns dann John, der Fahrer. Zuerst ging es 70 km durch den Zambezi Nationalpark. Während der Fahrt ‘verkaufte’ uns John noch ein Zusatzprogramm. Das waren ein Fussmarsch über die Grenzbrücke aus dem Jahre 1905, die Zimbabwe und Sambia verbinden, die Besichtigung des drittgrösssten Baobab-Baumes im Südlichen Afrika mit etwa 27 Metern Umfang, ein Besuch im kolonialen Victoria Hotel und zum Abschluss Kaffee und Kuchen im Look Out Restaurant. Von hier hat man einen fantastischen Aussicht auf die Zambezi-Schlucht, da das Restaurant direkt an die Kante der Schlucht gebaut wurde. Die Hauptattraktion war aber natürlich die Besichtigung der Victoria Fälle. Auf einem etwa 2-stündiger Fussmarsch kann man diverse Aussichtspunkte auf die Fälle erkunden. Die Fälle erstrecken sich auf einer Länge von 1,7 km und fallen bis zu 108 Meter in die Tiefe. Zu Spitzenzeiten (Ende Mai) rauschen bis zu 600 Mio Liter Wasser pro Minute in die Tiefe. Die Luft im Park ist durch die Gischt sehr feucht und half mit, dass grosse Teile des Park Regenwald sind.

Zurück in Botswana verbrachten wir 2 Nächte im Ihaha Camp, dass sich direkt am Chobe Fluss und im gleichnamigen Chobe Nationalpark befindet. Dieses Camp ist nicht eingezäunt. Und prompt erhielten wir in der ersten Nacht Besuch einer Herde Elefanten, die in etwa 4 Meter Entfernung an unserem Zelt vorbei marschierten, nicht ohne ihre Markierungen zu hinterlassen. Auch einige Flusspferde grasten in unmittelbarer Nähe unseres Zelts. Auch auf der 3 stündigen Fahrt Richtung Süden zum Elephant Sands Camp sahen wir 10 mal Elefanten. Und dies direkt an der Schnellstrasse, welche nicht eingezäunt ist. Was mich zur Aussage verleitete, dass die Wahrscheinlichkeit Elefanten in Botswana zu sehen grösser ist als Kühe…

Nach einer Nacht im Nxai Pan Nationalpark fuhren wir weiter Richtung Makgalakgadi Nationalpark. Statt einem 100 km Umweg auf geteerten Strassen nahmen wir eine Abkürzung, welche sich als ziemlich tiefsandige Piste herausstellte. Nach knapp 2 Stunden hatten wir die 33 km dann auch geschafft. Zum Überqueren des Boteti Flusses stand uns dann glücklicherweise eine handbetriebene Fähre zur Verfügung.

yellow billed hornbill

Im Sitatunga Camp in Maun begrüsste uns Mike, der Camp Manager. Das Camp bietet Tages- und Mehrtagestrips ins Okavango Delta an. Da die Wetteraussichten für die kommenden Tage Regenwetter ansagten, entschieden wir uns spontan für eine Besichtigung des Binnen-Deltas aus der Luft. Eine Stunde später sassen wir bereits in der kleinen Maschine der MackAir. Nach 5 Minuten Flug erreicht man bereits das Delta. Die Flughöhe beträgt etwa 150 Meter und mit Blick von oben realisiert man erst, wie riesig diese einmalige Fluss- und Sumpflandschaft ist. Die gesamte Fläche des Deltas beträgt ca. 20’000 km2 und ist etwas halb so gross wie die Schweiz. Auf dem einstündigen Flug kriegt man somit nur einen kleinen Teil des Deltas zu sehen. Ein sehr beeindruckendes Erlebnis.

Geduld ist gefragt

Als wir vor mehr als 3 Jahren den Vorbereitungskurs für das Leben in Namibia besuchten, wurden wir mehrmals darauf hingewiesen, dass in Afrika oft Geduld gefragt ist. Heute war wieder mal so ein Tag, an dem ich meine Geduld-Fähigkeit auf die Probe stellen konnte. Der Plan für heute Morgen war, zuerst zum Straßenverkehrsamt zu fahren, um die Strassenverkehrs-Steuern für die nächsten 12 Monate zu bezahlen. PS: diese muss man vor Ort bezahlen, da man eine Art Vignette erhält, die man an die Frontscheibe kleben muss. Anschliessend zur Polizei um mir eine Police Clearance für unser Auto zu beschaffen. Dieses Dokument benötigt man für die Ausreise in ein anderes Land beziehungsweise für die Rückreise nach Namibia. Sie bestätigt, dass wir die rechtmässigen Besitzer unseres fahrbaren Untersatzes sind. 2 Behördengänge also. Soweit so gut. Dank 3-jähriger Erfahrung weiss ich, dass am Dienstag beim Straßenverkehrsamt eher weniger Kunden anstehen. Man muss wissen, dass in diesem Amt exakt 2 Schalter für ca 200 000 Bewohner der Kavango East Region zur Verfügung stehen. Tatsächlich muss ich nur etwa eine Stunde warten. Auf dem Polizeiposten (auch hier lange Warteschlangen) weiss ich mittlerweile, in welchem Büro die Clearances erhältlich sind. Zu meiner Überraschung werde ich auch gleich bedient. Der Beamte nimmt es genau und will noch die Motoren-Nummer und die Chassis-Nummer kontrollieren. Dabei entdeckt er, dass sich bei der Registrierung vor 3 Jahren auf der Besitzer-Urkunde bei der Motoren-Nummer ein Fehler eingeschlichen hat. In der 11 stelligen Nummer fehlt eine Zahl! Der Beamte erklärt mir, dass ich nun zurück zum Straßenverkehrsamt müsse, um diesen Fehler zu bereinigen. Ich merke schnell, dass er sich nicht auf Diskussionen einlassen möchte. Also zurück zum StrVA. Dort ist die Menschenschlange bedrohlich angewachsen und reicht bis weit in den Parkplatz hinaus. Normalerweise reihe ich mich (wie alle guten Schweizer) jeweils in die Schlange ein. Da es sich ja aber um einen Fehler des StrVA handelt, bin ich mutig und gehe ich direkt an den Schalter. Dazu muss man sagen, dass man in Namibia ab 55 als Senior Citizen zählt. Dies bringt gerade in den Aemtern gewisse Vorteile mit sich. Es murrte auch niemand der Personen, die vor mir waren. Nur der Schalterbeamte hat nicht so Freude an mir. Statt einfach das geforderte Dokument auszudrucken, muss ich erst mal das 4 seitige Formular Nr 3 ausfüllen. Dabei gefühlt jeweils 3 mal die Motoren-Nummer, 3 mal die Chassis-Nummer, die Fahrzeug-Registernummer, Nummernschild usw notieren. Also alles Daten, die im System bereits vorhanden sind. Anschliessend hieß es wieder warten. Dann endlich bekomme ich den heiß begehrten Ausdruck, nicht ohne zuerst 151 Dollar dafür zu bezahlen (natürlich ohne Quittung). Also zurück zur Polizei. Sollte jetzt nur noch eine Formsache sein, eigentlich. Als der Beamte die Clearance fertig ausgefüllt hat, fragt er mich, ob ich einen Quittungsblock dabei habe. Darauf ich: Ausnahmsweise nein, weshalb? Im seien gerade die Quittungen ausgegangen und er könne mir deshalb das Dokument nicht geben. Quittungen aus anderen Büros dürfe er auch nicht verwenden, sonst gäbe es ein Durcheinander. Langer Rede kurzer Sinn, auch hier bezahle ich die 100 Nam Dollar ohne Quittung nachdem er mir bestätigt hat, dass es an der Grenze keine Probleme geben sollte. Zum Abschluss meines Vormittags-Füllenden Programmes möchte ich noch rasch Geld vom Bankomaten beziehen. Da hatten aber schon ca 40 Menschen vor mir die gleiche Idee. Macht nichts, dann fahre ich zu einem Automaten am Stadtrand, wo erfahrungsgemäß weniger läuft. Und tatsächlich, ausser der Security Dame, die den ganzen Tag den Automaten bewacht, ist niemand da 🙂 Diese erklärt mir dann aber, dass der Automat leider ausser Betrieb sei….ohmmm!

Der Countdown läuft

Nachdem ich meinen Vertrag hier in Rundu um 2 Monate verlängerte habe, sind nun die letzten 3 Monate angebrochen. Im Februar sollte wenn alles gut geht mein Nachfolger aus der Schweiz hier eintreffen. Dies erlaubt es uns, eine geregelte Übergabe der laufenden Geschäfte zu machen. Anschliessend werde ich bis Ende 2022 in einem Teilzeit-Pensum für das Ministerium in Windhoek weiter arbeiten.

Die letzten Wochen und Monate hier sind wieder einmal wie im Flug vorüber gegangen. Ich war oft unterwegs an Schulen, wo wir das administrative Personal und die Schulleitungen im Bereich finanzielle Führung einer Schule weitergebildet haben. Leider kommt es immer wieder vor, dass an den Schulen Gelder missbräuchlich, also nicht zum Wohle der Kinder, verwendet wird. Unsere Buchhaltungstrainings an den Schulen sollen zu mehr Transparenz verhelfen und dass die vorhandenen Ressourcen auch wirklich dem korrekten Zweck zugute kommen.

Leo beim Wissen vermitteln
Meine Unterkunft während der Trainings in Divundu

Dazwischen war ich wochenweise im Ministerium in Windhoek im Einsatz. Dort durfte ich unter anderem bei der Planung des neuen Budgets mitwirken. Vom Finanzministerium wurde eine Budget-Obergrenze vorgegeben, die ohne einschneidende Maßnahmen nicht realisierbar ist. Nächste Woche findet ein Online-Meeting statt, an dem mögliche Einsparpotentiale diskutiert werden sollen. Ich bin sehr gespannt auf den Ausgang dieses Meetings. Bei weiteren Einsparungen auf der operativen Seite, zum Beispiel beim Nicht-Bau von dringend benötigten neuen Klassenzimmern oder bei Einsparungen beim Unterhalt der bestehenden Infrastruktur, wird der Weiterbetrieb eines regulären Unterrichts immer schwieriger. Schon jetzt fehlt es in den Schulen oft am Notwendigsten, wie zum Beispiel an Schulheften, Schreibzeug oder an Kopierpapier. Bis jetzt waren Einsparungen auf der Lohnseite politisch nicht umsetzbar. Zum Beispiel erhalten alle Mitarbeiter 100 % Lohn auch wenn sie nur ein Teilzeit-Pensum ausüben. Auch sind die Löhne im Vergleich zur Privatwirtschaft deutlich zu hoch. Wobei man nicht vergessen darf, dass von einem Einkommen eines Staatsangestellten oftmals Dutzende (weniger privilegierte) Familienmitglieder abhängen. Vielleicht ist jetzt doch die Zeit gekommen, auch hier Anpassungen zu machen. Denn Namibia verschuldet sich immer mehr und die Zinslast drückt schwerer und schwerer.

Kinder an der Kanorombwe Primary School
im Buffalo NP

Zurück in Namibia

Windhoek

Nach einigen erholsamen Wochen in der Schweiz bin ich seit Anfang September zurück in Namibia. Der Winter ist vorbei und bei meiner Ankunft in Windhoek herrschten angenehme Temperaturen. Regula, meine Interteam-Kollegin aus Katima war gerade in Windhoek und holte mich freundlicherweise vom Flughafen ab. Am nächsten Tag ging ich für eine Besprechung ins Bildungsministerium. Mrs Karises, die Finanzchefin fragte mich gleich, ob ich nicht die nächsten 2 Wochen in Windhoek bleiben könnte und anschliessend mit den KollegInnen vom Ministerium an den geplanten Workshop nach Swakopmund fahren wolle. So musste Rundu noch etwas auf mich warten. In Windhoek konnte ich verschiedene Vorbereitungsarbeiten für den Workshop erledigen und auch einen neuen Auftrag von Mrs. Karises entgegen nehmen. Es ging um die Konsolidierung der Expenditure Reports aller Regionen. Diesen nationalen Ausgabenbericht wünscht sie künftig monatlich. Bei meinem nächsten Aufenthalt in Windhoek werde ich einen Kollegen vom Hauptquartier instruieren, damit er diese Aufgabe übernehmen kann.

Swakopmund

Die Fahrt von Windhoek (1700 Meter über Meer) hinunter an die Kueste nach Swakopmund fuehrt durch die Namib Wüste vorbei an der Spitzkoppe, dem bekanntesten Berg Namibias. Der Temperaturunterschied zu Windhoek war frappant. Höchstwerte um die 20 Grad, gefühlt 3-4 Grad weniger wegen des kräftigen Windes. Ziele des Workshops waren die Erstellung eines nationalen Reportings der Payroll-Verification 2021 (physische Überprüfung sämtlicher 40 000 MitarbeitInnen des Bildungsministeriums) und die Zusammenstellung der nötigen Nachweise für die Personen, die nicht verifiziert werden konnten. Z.B. wegen Krankheits- oder Ferienabwesenheiten. Ich bin jetzt schon zum dritten Mal verantwortlich für das nationale Reporting und ich stelle eine deutliche Qualitätssteigerung in der Arbeit der Regionen fest. Die Abläufe sind mittlerweile besser verankert und die Qualität der Daten wird von Jahr zu Jahr etwas besser. Corona forderte die Teams in diesem Jahr aber speziell heraus, da einige Schulen wegen der Pandemie temporär geschlossen oder viele Mitarbeiter in Quarantäne waren. Schlussendlich konnten wir aber doch ein gutes Resultat vorweisen. 96 % der Mitarbeiter wurden am Arbeitsplatz verifiziert. Zum Abschluss des Workshops lud das Ministerium sämtliche Teilnehmer zu einer Bootsfahrt ein. Ein toller Ausflug, mit Sichtungen von Robben, Delphinen, Pelikanen und sogar einem Wal!

Rundu

Die Rückfahrt in den Norden nahm ich dann mit meinen KollegInnen aus Rundu in Angriff. Pandu und ich teilten uns den Fahrerjob auf. Für die 820 km benötigten wir gut 10 Stunden inklusive zweier Pausen. In Rundu ist es der Jahreszeit entsprechend wieder bis 38 Grad heiss. Rahel ist schon seit Ende August zurück. Für uns sind die letzten Monate in Rundu angebrochen. Voraussichtlich werden wir unseren Vertrag um 2 Monate bis Ende Februar verlängern. Dies erlaubt es uns, unsere Aufgaben geordnet an unsere Nachfolger aus der Schweiz übergeben zu können.

Mitte September hatten grosse Teile Rundus kein Wasser, da die Stadtverwaltung die Rechnung des Wasserlieferanten nicht bezahlt hatte. Letzte Woche gab es bereits wieder kein Wasser. Der Grund war diesmal ein defekter Transformator, der ersetzt werden musste. Da die Wasserpumpen mit elektrischer Energie betrieben werden, gibt es bei Stromausfall also auch kein Wasser. Waehrend des Totalausfalls von 3 Tagen war am Rundu Beach Hochbetrieb. Convoys von Autos und Fussgänger mit Petflaschen und anderen Containern waren zum Fluss unterwegs um sich etwas Wasser zu beschaffen. Die Familie von Muronga wohnt ca. 4 km vom Fluss entfernt und kann sich Mineralwasser aus dem Laden nicht leisten. Deshalb war ich für einmal frühmorgens als Wasserlieferant unterwegs.

Sport Games

Corona bedingt vielen die nationalen Sport Games für das Admin-Personal beim Ministry letztes Jahr aus. Ende September fanden nun regionale Turniere mit je 3 Regionen statt. Kavango East, West und Zambezi massen sich in Volleyball, Korbball und Fussball in Divundu. Unsere Region organisierte das Turnier und gewann auch gleich alle Wettbewerbe. Das Finalturnier findet wenn alles gut geht noch dieses Jahr in Swakopmund statt. Da haben sich die Anstrengungen unserer Teams gelohnt!

Guten Morgen Schweiz